Autarkiegrad - Der Strom kommt aus der Steckdose... oder vom Dach

Unsere Photovoltaikanlage (PV-Anlage) läuft nun seit ungefähr 8 Wochen zu unserer vollsten Zufriedenheit. Da wir nach dem KfW40 Plus Standard gebaut haben, war eine PV-Anlage samt Batteriespeicher Pflicht.

In der Eigentumswohnung hatten wir, eigentlich egal mit welcher Personenanzahl, immer einen Verbrauch von etwa 3500 bis 4000 kWh pro Jahr. Damit lagen wir in der Vergangenheit ganz gut im Durchschnitt. Die Zahl gilt wohlgemerkt für ein Mehrfamilienhaus ohne elektrische Warmwasseraufbereitung. Dass ich zuletzt auch ab und zu meinem BMW 225xe geladen habe (10 kWh Akkukapazität), fiel dann nicht mehr unbedingt ins Gewicht.

Für das neue Haus musste eine PV-Anlage auf’s Dach. Aber wie groß? FingerHaus hat das für uns berechnet, unter der Maßgabe, dass wir einen Eigenverbraucht von 4000 kWh damit abdecken möchten.

Heraus kam eine Anlage mit einer Leistung von 3,74 kWp, sowie ein Batteriespeicher mit einer Kapazität von 5,1 kWh. Das klingt nach einer kleinen Anlage - ist sie auch… Ich kenne genug Leute die sich 10 bis 15 kWp auf’s Dach haben bauen lassen. Aber lohnt sich das? Zumindest dann nicht, wenn man den Strom nicht abnimmt, sondern ihn einspeist.

Die Rechnung

Ein häufig gehörtes Argument für große Anlagen ist die Einspeisevergütung. Die beträgt aktuell (Mitte 2021) ca 0,07 € - wahnsinnige 7 Cent. Um das aber in einen Kontext setzen zu können muss man wissen: Was kostet mich denn eigentlich eine kWh aus meiner PV-Anlage? Je nach Ausrichtung und nach Lebensdauer der Module kann die Anlage eine bestimmte Menge an Strom produzieren. Unsere Anlage schafft bei der gegebenen Dachneigung, der Ausrichtung, der Leistung und der geografischen Lage ca. 4000 kWh im Jahr. Ich gehe, konservativ, von einer Lebensdauer von 12 Jahren aus. Das gilt für die PV-Module und den Batteriespeicher. Die Gesamtleistung der Anlage beträgt also 48.000 kWh. Ich komme somit auf einen Preis von ca. 25 Cent pro kWh.

Der Strom kostet mich 25 Cent, ich bekomme 7 Cent - Einspeisen lohnt sich also nicht. Es deckt nur einen geringen Teil der Kosten. Ich liege aber immer noch unter den Kosten für den Bezug aus dem Stromnetz. Eigenverbrauch lohnt sich also!

Die Anlage muss also so dimensioniert sein, dass ich damit einen möglichst großen Teil meines Eigenbedarfes decken kann. Der Eigenbedarf entspricht bei uns im Jahr ziemlich genau dem, was die Anlage produzieren kann. Und tatsächlich: Das klappt ganz gut. Über die beiden letzten, sehr sonnigen, Monate mussten wir quasi nichts aus dem Netz beziehen. Unser Autarkiegrad liegt derzeit bei rund 90% (~ 650 kWh Hausverbrauch, davon 330 kWh aus PV, 70 kWh aus dem Stromnetz und 250 kWh aus dem Batteriespeicher). Eingespart haben wie somit knapp 900 kg an CO².

Die Anlage muss also am tatsächlichen Bedarf ausgerichtet sein. Wer eine Wärmepumpe hat, der braucht natürlich auch mehr kWp auf dem Dach, und auch einen größeren Batteriespeicher. Ein zu großer Speicher macht aber wenig Sinn, da man ihn im Zweifelsfall in den dunklen Jahreszeiten nicht mehr komplett geladen bekommt. Idealerweise bewegt sich der Speicher immer in einem Bereich von 20% bis 80%.

Das E-Auto ist in meinen Augen gar kein Argument für eine größere Anlage. Zum einen steht das Auto selten zu Hause rum, wenn die Sonne scheint (außer es ist das Zweitauto), und bei einem vollelektrischen Fahrzeug ist der Akku natürlich auch entsprechend groß! Selbst ein Renault ZOE hat rund 50 kWh an Akkukapazität - von einem Tesla ganz zu schweigen. Überschussladen, also erst Eigenbedarf, dann Speicher, dann Auto, lohnt sich gar nicht.

Da bleibt nur zu hoffen, dass die Einspeisevergütung wieder steigt. Oder man, ganz intrinsisch motiviert, einfach was für die Umwelt tut (auf eigene Kosten) und nicht genutzten Strom einspeist.