Das papierlose Büro

Kurz nachdem wir die Entscheidung getroffen haben, unsere Eigentumswohnung in Leverkusen zu verkaufen und in der Eifel ein Haus zu bauen, haben wir mit den Vorbereitungen für den Umzug angefangen. Das mag komishc klingen, aber eine vorbereitende Aufgabe war es, unsere gemeinsame Ablage zu digitalisieren. Wer einmal umgezogen ist, der weiß wie schwer toter Baum (aka “Unterlagen”) sein können. Über die Jahre haben sich bei uns beiden diverse Ordner mit Unterlagen angesammelt. Unterlagen die uns beide betrafen, z.B. mit Unterlagen von verschiedenen Versicherungen, aber eben auch Unterlagen von der Bank, Gehaltsabrechnungen, Steuerunterlagen, Behördendokumente, Verträge, Unterlagen von der Kirche, Schule, KiTa, Uni etc. Uns war klar: Das kann so nicht bleiben. Wir wollten weniger Ordner umziehen und wir hatten auch den Katastrophenfall im Kopf. Ein Brand, Hochwasser o.ä. Gerade das Thema Hochwasser gewann in der Eifel, nach den Ereignissen vom Juli 2021, ziemlich an Bedeutung. Ziel war es alle Unterlagen

  • zu sichten,
  • zu sortieren,
  • zu digitalisieren

Die Vorbereitung

Im ersten Schritt haben wir alle Unterlagen gesichtet. Wir haben die Unterlagen nach zwei Kriterien sortiert:

  • Unterlagen die wir aufheben müssen
  • Unterlagen die nach der Digitalisierung vernichtet werden können

Bei diesem ersten Schritt wurden auch direkt Unterlagen entsorgt, die absolut keine Relevanz mehr hatten. Manchmal hebt man Unterlagen einfach auf, auch wenn man sie nicht mehr braucht.

Die Digitalisierung

Im zweiten Schritt wurde ein Dokumentenscanner beschafft. Wir haben uns für einen Epson Workforce DS-310 entschieden. Das Modell ist nicht mehr erhältlich. Nachfolger ist der Epson Workforce DS-360W. Wichtig waren bei der Auswahl mehrere Kriterien:

  • klein und transportabel, da wir zum damaligen Zeitpunkt kein gesondertes Büro mehr hatten
  • hoher Durchsatz
  • Duplex-Scan in einem Durchgang
  • Software mit OCR Funktion

Am Ende der Digitalisierung musste ein durchsuchbares PDF/A-Dokument herauskommen.

Das Scannen der Unterlagen hat uns diverse Abende gekostet, aber nach einigen Wochen war es geschafft. Alle Dokumente lagen als PDF auf unserem NAS (Network Attached Storage - ein Synology DS414slim). Dokumente, die wir aufbewahren mussten, waren in beschrifteten Archivkartons verpackt.

Ablage 2.0

Fast forward - vier Jahre später. Wir lebten sehr lange mit unserer Ablage. Der Workflow war mehr oder weniger gut. Neue Dokumente wurden gescannt, benannt und gespeichert. Über die Einordnung in die unterschiedlichen Unterordner, wie z.B. Finanzen, Versicherungen oder Immobilien, waren wir uns nicht immer ganz einig. Das Backup wurde zwischenzeitlich von externer USB-Festplatte auf einen Microsoft Azure Storage Account umgestellt, um eine echte externe Kopie der Daten zu haben.

Seit 2023 habe ich mit einem echten Dokumentenmanagementsystem (DMS) geliebäugelt. Aber dafür hätte ich zu Hause wieder einen Server benötigt. Da zwei Leute mit zwei Notebooks die digitale Ablage bedienen können müssen, war ein DMS auf einem der Notebooks keine Lösung. Einen Server in der Cloud zu betreiben erschien mir auch nicht sinnvoll. Bei der Wahl für das DMS war die Wahl schnell getroffen: Paperless-ngx, ein mächtiges open-source DMS. Es fehlte nur noch die passende Hardware.

Ende 2023 bin ich dann über eine passende Hardwareplattform gestolpert. Mehr dazu findet man in einem von mir angelegten GitHub Repository.

Long story short: Die Hardware war schnell beschafft, das DMS dank Docker zügig aufgesetzt. Paperless-ngx läuft mittels Docker in einer Ubuntu-VM, mittels Proxmox virtualisiert.

Patrick Terlisten/ zurbrotkiste.de

Patrick Terlisten/ zurbrotkiste.de

Upgrade Ablage 1.0 auf 2.0

Paperless-ngx hat den großen Vorteil, dass es Dokumente automatisch importieren kann, wenn sie in einem bestimmten Verzeichnis abgelegt werden. Das machte den ganzen Datenimport sehr einfach. Einfach die bereits vorhandenen PDFs in ein Verzeichnis kopieren und Paperless-ngx macht den Rest.

Im Vorfeld mussten wir uns aber über die Organisation, also Korrespondenten, Dokumentenarten und Tags einig werden. Wir haben uns hier für ein recht einfaches Konzept entschieden. Wir haben Korrespondenten geclustert, also z.B.

  • Amt, Behörde, Kommune
  • Arbeitgeber, Gewerbe
  • Dienstleister, Handwerker
  • Haus, Wohnung, oder
  • Notar, Anwalt, StB

Am Ende hatten wir 11 verschiedene Korrespondenten. Bei den Dokumententypen haben wir es ähnlich gelöst. Hier haben wir insgesamt 12 Dokumententypen definiert, u.a.

  • Abrechnung
  • Rechnung
  • Schreiben
  • Urkunde
  • Vertrag
  • Lieferschein
  • Bescheid

Bei den Tags haben wir es noch einfacher gemacht. Hier haben wir nur Tags für

  • Steuern YYYY
  • Todo
  • Posteingang
  • WICHTIG

Der Workflow

Den Workflow haben wir sehr vereinfacht. Wird ein Dokument gescannt, wird es automatisch im Importverzeichnis von Paperless-ngx abgelegt. Paperless-ngx importiert das Dokument und weist dem Dokument den Tag “Posteingang” zu. Dann wird es kurz geprüft und der Tag entfernt. Ein großer Vorteil: Paperless-ngx lernt selbstständig! Durch den Import von über 3200 Dokumenten funktioniert der Import mittlerweile ziemlich reibungslos und Paperless-ngx erkennt sehr zuverlässig ob der Korrespondent eine Versicherung, eine Bank, die Schule oder eine Behörde ist. Auch die Zuordnung zu Dokumententypen klappt perfekt.

Backup, Backup, Backup

Papier hält ziemlich lang, eine Festplatte im Zweifel nicht. Daher haben wir ein Backupkonzept implementiert. Jede Woche werden alle PDFs automatisch exportiert und auf unserem NAS als ZIP-Datei abgelegt. Der virtuelle Server wird jede Nacht gesichert und ebenfalls auf dem NAS abgelegt. Das NAS wird jede Nacht in einen Microsoft Azure Storage Account gesichert. Die ZIP-Exporte von Paperless-ngx kopiere ich manuell ab und zu in mein Microsoft OneDrive. Daten die das Haus verlassen sind natürlich verschlüsselt. Die Verschlüsselungskeys werden gesondert gesichert.

Fazit

Braucht man das alles? Nee, Diggi. Habs ichs trotzdem gekauft? Joa. Bereue ich das? Nö.

Ich glaube besser kann man es nicht zusammenfassen. Ich finde es unglaublich befreiend keine AKtenordner mehr im Haus stehen zu haben. Was an Dokumenten aufgehoben werden muss ist in mittlerweile einer (!) Kiste verstaut. Unterlagen sind in wenigen Sekunden dank Echtzeitsuche auffindbar.

Dieses Konzept funktioniert vielleicht nicht für jeden. Ich würde es jederzeit wieder so machen.